Ein Rammstein packt aus

“Niemand, ich betone, niemand würde dieses Buch in die Hand nehmen, wenn ich nicht zufällig in dieser Band spielen würde”. Das schreibt Flake auf der Rückseite seines Buches “Der Tastenficker”, erschienen bei Schwarzkopf & Schwarzkopf. Und recht hat er. Niemand würde sich um seine Erinnerungen, Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse kümmern. Und doch, gerade weil er in dieser “Band” spielt, ist das Buch lesenswert. Es gibt einen Einblick auf einen Musiker, der problembeladen seinen Weg ging und geht, der meint, nur durch Zufall sei er in der “Band” gelandet. Die brauchten halt einen Keyboarder, so Flake.

Flake vermeidet bis wenige Worte vor dem Ende das Wort “Rammstein”, er redet nur hin und wieder von “der Band”. Er beschreibt seine Kindheit, seine Phobien, kommt manchmal als liebenswerter Trottel rüber, den andere ausnehmen. Aber seine Geschichte ist wohl vergleichbar mit vielen, die in der DDR aufgewachsen sind, sich irgendwie damit arrangiert hatten ohne Teil davon zu werden. Sie erlebten zwei  Systeme und den Wandel der Zeit. Darum geht es auch in diesem Buch. Flake nennt sich “Tastenficker”, doch er ist auch ein Freischwimmer, der sich irgendwie durchgekämpft hat und nun zu einer der bedeutendsten Bands unserer Zeit gehört. Ob das Zufall war, wie er meint, oder logische Konsequenz, er ist da, wo er sein sollte, und ergänzt durch seine zappelige Art und Weise diese auf Perfektion getrimmte Band.

Ich hatte Flake ein paar Mal hier in den USA für Interviews getroffen. Das war noch bevor sie die großen Stadien füllten. Was mich von ihm überzeugte, und warum ich auch dieses Buch lesen wollte, war, dass er nicht abgehoben, auf dem Boden der Tatsachen, sympathisch und locker daher kam. Wir unterhielten uns über die Musik, klar, aber auch über alles mögliche. Er fragte mich aus über die USA, die ihn auch in seinem Buch fasziniert.

“Der Tastenficker” ist eine Beschreibung, einfach und direkt geschrieben, so, als ob er einfach alles in ein Diktiergerät gesprochen hat. Wahrscheinlich sogar noch mit Kassette, Flake lebt in seiner eigenen Welt, die irgendwo stehen geblieben ist. Und das sage ich nicht, um ihn abzuwerten. Ganz im Gegenteil, es ist überraschend, dass jemand, der durch die Welt tourt, die größten Bühnen und Festivals bespielt und mit deutschsprachigen Songs international Musikgeschichte geschrieben hat und eben Teil dieser “Band” ist, dass dieser jemand so offen von sich schreibt, Fehler und Mängel eingesteht, von sich behauptet er renne keinen Trends hinterher, sich so öffnet und sagt, eigentlich ist er ein ganz uncooler Typ, den man nicht beachten würde, wenn er eben nicht einer von R+ wäre. Das macht ihn für mich sympathisch, das macht das Buch lesenswert. Sicherlich nicht die erwartete Biographie eines Rammsteiners. Aber vielleicht gerade doch, denn sie haben es immer wieder geschafft etwas ganz anderes zu machen, als alle vorhergesagt haben.

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